Weltkulturerbe in Deutschland, Die Wartburg
Bereits 1815 hatte der Dichterfürst Goethe die Idee, aus der Wartburg ein Museum zu machen. Ab 1849 ließ Großherzog Carl Alexander die vernachlässigte mittelalterliche Burg wiederherstellen. Die Stätte gehört seit Dezember 1999 zum Welterbe der Menschheit.
Die Wartburg steht auf etwa 400 m Höhe über einer schönen Landschaft im Süden der Stadt Eisenach in Thüringen, mitten in Deutschland. Was macht die Wartburg zu einem so wichtigen Denkmal der Kulturgeschichte Deutschlands und des ganzen Abendlandes? Die Burg ist von hoher künstlerischen und architektonischen Bedeutung; sie wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erbaut und gilt als einer der am besten erhaltenen weltlichen Bauten aus der Normannenzeit nördlich der Alpen. Zur Zeit Goethes – der Dichter hatte im Jahr 1777 fünf Wochen lang auf der Burg gewohnt - war die Wartburg in einem eher bedauerlichen Zustand. Der Bergfried (1) war abgerissen worden, Teile der Gebäude waren zusammengestürzt. Doch im Bewusstsein aller Deutschstämmigen (2) hatte sie immer einen wichtigen Platz eingenommen. Sie war und ist ein Symbol für die mittelalterliche Frömmigkeit (3): Hier hatte im 13. Jahrhundert sieben Jahre lang die Heilige Elisabeth, eine ungarische Königstochter und Gattin des Landgrafen (4) Ludwig IV. von Thüringen, gelebt. Die Burg ist auch ein Beispiel für den ehemaligen Glanz des Deutschen Reiches: Der berühmte Sängerkrieg, an dem die Minnesänger (5) Walter von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach und viele andere auf Einladung des thüringischen Landgrafen teilgenommen haben sollen, hat der Legende nach hier stattgefunden. Richard Wagner ließ sich davon inspirieren und schrieb die Oper „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“, die 1845 uraufgeführt wurde. Weiter ist die Wartburg ein Erinnerungsort der Reformation: Zehn Monate lang war hier Martin Luther versteckt – Kurfürst Friedrich der Weise schützte ihn so vor der Reichsacht (6). Luther übersetzte in einem einfachen Burgzimmer die Bibel ins Deutsche. Schließlich ist die Burg ein Ort, an dem die Hoffnung auf ein starkes, geeinigtes und freies Deutschland aufgeblüht war, denn sie war aus all den genannten Gründen zu einem wichtigen Symbol geworden. Studenten feierten 1817 auf der Burg das 300-Jahr-Jubiläum der Reformation und den dritten Jahrestag der Niederlage Napoleons. Die Wartburg wird „als herausragendes Denkmal der feudalen Zeit in Mitteleuropa“ zum Weltkulturerbe gezählt. Sie wurde ab 1849 mit dem Aussehen der ehemaligen mittelalterlichen Burg nach den romantischen Vorstellungen der damaligen Zeit wieder aufgebaut und ausgestattet. Das 1797 an der Stelle des Bergfrieds erbaute „Neue Haus“ wurde im romanischen Stil „gealtert“ (heute befindet sich darin das Wartburg-Museum), die Torhalle zum Beispiel wurde neu gebaut. Aus dem Mittelalter stammen das Ritterhaus, die Vogtei (7), der Südturm, der Sängersaal und der Rittersaal im Obergeschoss. Die Wartburg war zu einer „idealen Burg“, zu einem Wunschbild (8) des christlichen Mittelalters und der deutschen Kultur des 19. Jahrhunderts geworden.
Glossar
1 - Bergfried, -, der: mastio
2 - deutschstämmig: di discesa tedesca
3 - Frömmigkeit, die: religiosità, devozione
4 - Landgraf, der: langravio
5 - Minnesänger, -, der: menestrello
6 - Reichsacht, die: bando
7 - Vogtei, die: casa del balio
8 - Wunschbild, das: ideale, “immagine desiderata”
Photo gallery
//whc.unesco.org/en/list/897
Siti ufficiali
//www.wartburg-eisenach.de/frame_wt.htm
//www.unesco.de/kultur/welterbe/welterbe-deutschland/wartburg.html